CDU Auslandsverband Schweiz

Illegale Migration

Eine Bestandaufnahme

Deutschland verschärft die Grenzkontrollen und in Basel drohen Staus. Die Grenzregion Basel steht heute exemplarisch für Europas migrationspolitische Spannungen: zwischen Bewegungsfreiheit und Kontrolle, zwischen Humanität und Handlungsfähigkeit des Rechtsstaats, zwischen lokal begrenzten Kapazitäten und transnationalen Ursachenketten.

Foto: Claude Bühler (2023)Foto: Claude Bühler (2023)

Deutschland hat stationäre Grenzkontrollen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet, offiziell um organisierte Schleusungen zu unterbinden. In der Region zeigen sich erste Friktionen – etwa Verspätungen auf der Basler Tramlinie 8 – während die Polizeikorps beider Basel bislang keine systematisch erhöhten Staus auf den Strassen melden. Die Anordnung ist befristet, kann jedoch verlängert werden. Hintergrund sind hohe Zahlen festgestellter unerlaubter Einreisen seit Jahresbeginn, ein nicht auflösbarer Druck auf Aufnahmestrukturen und die besondere Lage der Nahtstelle Schweiz–Baden-Württemberg.

In Baden-Württemberg sind Unterbringungskapazitäten vielerorts ausgeschöpft; Kommunen melden Mangel an geeignetem Wohnraum bis hin zu Notlösungen. Die Landesaufnahmezentren registrieren, die Kommunen verteilen – und geraten dabei unter Druck. Neben laufenden Asylverfahren mit unsicherem Ausgang belasten unbegleitete Minderjährige die Systeme in besonderem Maße, weil sie erhöhte Schutz- Betreuungs- und Bildungsbedarfe mitbringen. Das erzeugt Folgekaskaden: Sozialwohnungen fehlen, Konflikte um knappen Wohnraum verschärfen sich, Integrationsfähigkeit kippt lokal, wenn das Verhältnis von Geflüchteten zur Einwohnerschaft aus dem Lot gerät. Kommunale Kassen signalisieren Überlastung; einzelne Städte greifen zu temporären Aufnahmestopps, bis Plätze hergerichtet sind. In dieser Gemengelage entstehen Unsicherheitserzählungen, die ihrerseits radikalisierungsanfällige Diskurse befeuern.

Staatliche Kontrolle an der Grenze ist in dieser Situation mehr als Symbolpolitik. Sie zielt erstens auf Kriminalitätsprävention gegen Schleusernetzwerke, die Menschen zur Ware eines Geschäftsmodells machen; zweitens auf die Rückversicherung der Bevölkerung, dass der Rechtsstaat weiß, wer einreist, und irreguläre Einreise nicht folgenlos bleibt; drittens auf die Pflege der Nachbarschaft, damit das traditionell belastbare Verhältnis zwischen der Schweiz und Deutschland nicht durch zügellose Grenzübertritte strapaziert wird. Zugleich richtet sich der Blick auf Bern: Erwartet wird, dass die Schweiz die Lage der Grenzräume ernst nimmt, insbesondere mit Blick auf Zuflüsse über Österreich und die Balkanroute. Politische Gespräche in Basel-Stadt und Basel-Landschaft haben diese Sensibilität bislang nur verhalten gespiegelt – ein Umstand, der durch die Sicht-barkeit von Kontrollen zwangsläufig an Relevanz gewinnt.

Der angekündigte Besuch des baden-württembergischen Innenministers im Herbst 24 am Badischen Bahnhof unterstreicht den Anspruch, einen institutionalisierten Austausch mit der Basler Regierung, Polizei und Grenzwacht zu etablieren. Die Frontlinie bleibt die Kommune: Unterbringung, Schul- und Kita-Plätze, Gesundheitsversorgung, soziale Arbeit, Arbeitsmarktintegration. Wo Kapazitätsplanung und Finanzierung hinter dem Zuzug zurückfallen, entsteht ein Teufelskreis aus Knappheit, Verdrängungsängsten und Polarisierung – ein Resonanzraum für populistische Vereinfachungen. Dem lässt sich nicht mit Rhetorik begegnen, sondern nur, indem Steuerungsfähigkeit sichtbar zurückgewonnen und kommunale Handlungsfähigkeit materiell abgesichert wird.

Konkret braucht es ein gemeinsames Lagebild und schnelle, institutionalisierte Kooperation: ein binationales Lagezentrum in Basel mit Echtzeitdaten zu Registrierungen, Routen, Kapazitäten und Ermittlungsansätzen; taktisch lageangepasste, mobile Kontrollen auf klarer Rechtsgrundlage und mit verlässlicher Kommunikation gegenüber Pendler- und Logistikverkehr; temporäre Aufnahmestopps ohne die Endlosdebatte um Fluchtobergrenzen, so die Forderungen des CDU-Auslandsverbandes Schweiz. „Für unbegleitete Minderjährige braucht es sofort umsetzbare, kleinteilige Wohn- und Betreuungs-modelle mit traumasensibler Pädagogik, schulnahen Angeboten und klaren Finanzierungs-schlüsseln“, so Claus H. Widrig vom CDU-Auslandsverband Schweiz. Gleichzeitig gilt es, Schleusung sichtbar zu bekämpfen: gemeinsame Ermittlungsgruppen (DE/CH/AT) mit Fokus auf Bus- und Bahnketten, flankiert von faktenbasierten Informationskampagnen gegen Falschversprechen der Schleuser in den Sprachen der Haupt-routen. All dies muss von einer politischen Kommunikation begleitet werden, die regel-mäßig und datengestützt ausweist, was geschieht und was wirkt – nicht als PR-Gestus, sondern als Teil der Daseinsvorsorge für demokratische Resilienz: Handlungsfähigkeit, Menschenwürde und Fairness bilden dabei die drei Koordinaten.

Die Essenz dieses Ansatzes liegt in der Überwindung der Entweder-oder-Logik. Humanitäre Verpflichtung bleibt – besonders gegen-über Schutzbedürftigen und Minderjährigen. Ebenso gilt: Ein Gemeinwesen, das nicht mehr weiß, wer ankommt, verliert Legitimität und damit jene politische Luft zum Atmen, die humanitäre Lösungen erst ermöglicht. Signalpolitik allein reicht nicht; wirksam sind verlässliche Strukturen, kapazitätsbasierte Steuerung und konsequenter Rechtsvollzug gegen kriminelle Ausbeutung von Fluchtbewegungen. Basel kann hierfür Labor der Vernunft sein: Der an-stehende Besuch auf Ministerebene ist eine Chance, klare Zuständigkeiten, feste Prozesse und überprüfbare Ziele zu verabreden. Gelingt das, entsteht ein übertragbares Modell für andere Grenzräume vom Hochrhein bis zum Bodensee. Misslingt es, verfestigen sich Engpässe – und die politische Erosion schreitet voran, zum Schaden beider Seiten. Die Aufgabe ist dringlich, lösbar und nur gemeinsam zu tragen: Schweiz und Baden-Württemberg sichern Grenzhandlungsfähigkeit, schützen Menschen-würde, stabilisieren Kommunen und stärken damit die demokratische Resilienz in heraus-fordernden Zeiten.